KLOZIN & PETER WOELCK: TRANSGENDER IN HOYERSWERDA. WIE ES WIRKLICH WAR.
Heidelberger Kunstverein
27. November 2015 – 14. Februar 2016
Im Mittelpunkt der Ausstellung ›Transgender in Hoyerswerda. Wie es wirklich war.‹ steht die persönliche Geschichte der Berliner Künstler Wilhelm Klotzek und David Polzin. Vereint unter dem Künstlernamen Klozin rufen sie mittels neun Miniaturszenarien ausgewählte Ereignisse der deutschdeutschen Geschichte auf. Dem gegenübergestellt werden die Porträtarbeiten des Berliner Fotografen Peter Woelck (1948 – 2010) – Wilhelm Klotzeks Vater.
In Schaukästen finden sich zu erzählerischen Standbildern zusammengesetzte Zigarettenstummel, Plastikkabel und leere Zigarettenschachteln. Sie lassen Situationen der jüngeren Geschichte aufleben, die sich mit dem Fall der Mauer in unser kollektives Gedächtnis eingeschrieben haben. Die nachgebauten Kulissen, hergestellt aus alltäglichen Raucherutensilien, fügen sich chronologisch zu einem Bild zusammen, das uns als Betrachter die politischen und ökonomischen Zusammenhänge von 1989 (›Harald Jäger am Telefon‹) bis heute (›Lutz Bachmann im Adolf Hitler Rollenspiel‹) vor Augen führt.
Mit ihrer verstörend humoristischen und ironischen Wirkung beziehen sich Klozin in ihren zwischen Readymade und Assemblage angesiedelten Kleinplastiken auf die Arte Povera. Ihre Serie ›Transgender in Hoyerswerda. Wie es wirklich war.‹ ist ein bissiger Kommentar zum 25-jährigen Jubiläum der Wiedervereinigung. ›Sabine K. versäuft ihr Begrüßungsgeld allein in einer Westberliner Kneipe‹. In der lakonischen Beschreibung einer der Kleinplastiken paart sich alltägliche Beobachtung mit tragischer Offenheit. Gleichzeitig hätte dies auch ein Motiv des Berliner Fotografen Peter Woelck sein können, der ein empathischer Chronist seiner Zeit war. Wilhelm Klotzek macht seit 2010 das fotografische Werk seines Vaters der Öffentlichkeit zugänglich:
Peter Woelck zog nach seinem Studium an der HGB Leipzig in den 70er-Jahren zurück nach Ost-Berlin und wurde dort später Teil des gesellschaftlichen Umbruchs.
Woelck balanciert entlang seiner eigenen Identität, er zeigt sich und seine Freunde, als Künstler, aber auch als Mann, der seine intimen Interessen mit der Fotografie verhandelt und nicht zuletzt als jemand, der versucht hat, nach der Wende nicht den Anschluss zu verlieren – Peter Woelck war in der DDR als Fotograf u. a. für Verlage und Betriebe tätig. Neben den Auftragsarbeiten entstanden auch – gerade in der Zeit nach dem Fall der Mauer – zahlreiche freie Arbeiten aus den Bereichen der Sozialreportage und der Architekturfotografie.
Wilhelm Klotzek interessiert die tragische Offenheit, die ihm immer wieder im Werk seines Vaters entgegentritt. Der hinterließ ein Werk, das ebenso viel über ihn als auch über den nicht mehr existierenden Staat – die Deutsche Demokratische Republik – erzählt. Durch die erstmalige Zusammenstellung der fotografischen und skulpturalen Arbeiten aus zwei Generationen erhalten Klozins Stillleben ein Gesicht. Die Porträtierten blicken verstummt auf die Erzählungen zur jüngsten Zeitgeschichte.
Klozin, bestehend aus David Polzin (* 1982 in Hennigsdorf) und Wilhelm Klotzek (* 1980 in Ost-Berlin), studierten (u. a.) an der Kunsthochschule Berlin-Weißensee. Erstmals arbeiteten sie 2008 zusammen und seitdem treffen sie in größeren Abständen immer wieder aufeinander, um verschiedene Projekte zu realisieren. Neben Ausstellungsarchitekturen und Skulpturen entwickeln sie auch Radiosendungen und Performances. Zurzeit arbeiten sie an ihrem ersten filmischen Projekt in Los Angeles.
Peter Woelck (* 1948 in Berlin, † 2010 in Berlin) studierte von 1972 – 77 Fotografie an der Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig und lebte danach in Ost-Berlin. Neben Auftragsarbeiten in der DDR für Kulturämter, Zeitschriften, das Fernsehen und verschiedene Großbetriebe war er auch als freier künstlerischer Fotograf tätig. Bekannt sind hier vor allem seine Porträts und Stadtlandschaften von u. a. Leipzig und Berlin. In seiner Praxis überschritt er klare Genre-Zugehörigkeiten und schuf so ein beeindruckendes und vielgestaltiges Bildarchiv.