WER WIR SIND UND WAS WIR TUN - MITTEN IM MUSEUM
Mitte Museum Berlin - extended version
9.8.2019 – 30.10.2020
Warum befindet sich ein Bodenbelag, dessen Muster an einen anatolischen Kelim erinnert, im Mitte Museum in Berlin-Wedding? Wer kann uns was über dieses Ausstellungsstück erzählen, über seine Herkunft, Geschichte und Form? Wie bringe ich ein Museumsobjekt zum Sprechen – und anhand welcher Quellen? Fragen wie diese sind für die Arbeit eines Museums zentral. Museumsarbeit sieht ganz einfach aus, ist sie aber nicht. Die Ausstellung ›Wer wir sind und was wir tun‹ veranschaulicht die Arbeit des Mitte Museums anhand von Gesprächen mit den Mitarbeiter*innen, ausgewählten Objekten und entlang der fünf Säulen der Museumsarbeit: Sammeln, Bewahren, Forschen, Vermitteln und Ausstellen. Die Ausstellung geht fragend, forschend, humorvoll und vor allem auch mit künstlerischen Beiträgen den Beziehungen zwischen den Dingen und Arbeitsfeldern nach. Erzählt ein Werk der Gegenwartskunst etwas Anderes als ein klassisches Museumsobjekt? Und uns interessiert: besitzen Sie eine Sammlung? Wenn ja, welche Dinge bewahren Sie auf und warum? Unter dem Motto ›Das ist mein Ding‹ möchten wir Sie einladen, dem Museum Ihr persönliches Objekt und seine Geschichte auszuleihen. In einer Vitrine werden jeweils drei Leihgaben gleichzeitig präsentiert.
Am 7.6.2020 fand auf der zentralen Wand des Raumes ›Vermittlung‹ ein Ausstellungswechsel statt. Werke von Sarah Schumann und Peter Woelck treten nun in den Dialog mit einer neuen Arbeit von Kathrin Sonntag. Für das historische Klassenzimmer hat Annette Weisser eine ortsspezifische Installation entwickelt. Ihre Diaserie What can be shown cannot be said, entstand in ihrem ehemaligen Klassenzimmer im Schwarzwald. Weisser stieß dort auf eine Gruppe von Tonnachbildungen einer altägyptischen Pharaonenstatue, angefertigt von einer 9. Klasse. Im dunklen Klassenzimmer hält sie jede einzelne Nachbildung in die Kamera. Diese wertschätzende Geste präsentiert nicht nur die Objekte mit ihren individuellen Unterschieden, sondern stellt auch Fragen: Ist es möglich, sich die Idee eines Kunstwerk durch Kopieren anzueignen? Ist das Scheitern dieses Versuchs durch das Kopieren nicht vielmehr schon vorprogrammiert? Wo wird die Grenze zwischen freier künstlerischer Interpretation und schlichtem Erfüllen einer Aufgabenstellung gezogen?
In dem Raum ›Ausstellen‹ treten die eindringlichen Porträts des Ost-Berliner Fotografen Peter Woelck (1948–2010) nun in den Dialog mit der Berliner Industriegeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts. Peter Woelcks Porträts gleicht einem Archiv des Alltags in der Ost-Berlin. Seine Fotografien rücken den abwesenden Menschen, der Teil der Arbeit ist, die hier in dem Raum verhandelt wird, wieder ins Zentrum des Geschehens. Keines seiner Bilder vermittelt den Eindruck einer flüchtigen Geste, sondern erzählt für den Moment des Auslösens von einer Beziehung des Fotografen zu seinem Gegenüber. Die Menschen lassen den Fotografen an ihrem Leben teilhaben und an ihren je eigenen Arbeitsbedingungen, ohne sie jedoch zum vordergründigen Gegenstand zu machen.
Kuratiert in Zusammenarbeit mit Theo Thiesmeier
Ausstellungsarchitektur: Florentin Steininger und Moritz Ganssauge (s.t.i.f.f.)
Grafik: Pascal Storz & Fabian Bremer
Ausstellungsdokumentation: Raluca Blidar
Ausstellungsguide (de) (en)
Flyer