UTA NEUMANN: LIBERTY FARMS
Galerie Foto Forum, Bozen, Polen
25.April. - 16.Mai. 2009
„Liberty Farms“, ein nach Freiheit klingender Ort, ist einem Nebenschauplatz entsprungen. Ein Regal, auf dem schwarze Plastikkörbe stehen, in denen Platten aufbewahrt werden, ebnet den Weg. Davor eine junge Frau, ihren Blick zur Seite gewandt, mit überdimensional großen grünen Handschuhen posierend. Die Geste, ein unbeteiligter Versuch einer Mimikry an die Umgebung, Abwehr und Pose gleichzeitig.
Die in der Ausstellung gezeigten Fotografien wurden aus den Serien „What we are longing for“, „Zwischen der Stadt“, „no naked lights“ und „dreaming 8“ ausgewählt. Wir folgen Uta Neumann an ihre verschiedenen Reiseziele (Australien, England, Italien und die USA) und entdecken den fotografischen Moment des Innehaltens als gemeinsamen Nenner. Die hier gezeigte Zusammenstellung spiegelt ihr Vertrauen in die Existenz der Dinge und in die Einzigartigkeit des Moments wider.
Auf ihren Reisen macht uns Uta Neumann auf die Essenz gesellschaftlicher Bedingtheit aufmerksam. Sie schärft nicht nur ihren eigenen Blick, sondern auch den des Betrachters. Sie folgt den Spuren der sich permanent verändernden Strukturen unserer Gesellschaft. Dabei nähert sie sich den vermeintlichen Gegensätzen von Natur und Kultur, an denen sich die Grenzen der Wildnis urbaner Räume und künstlicher Landschaften verwischen. Wir begegnen nicht nur entlegenen Orten, sondern auch vergessenen Objekten. Die Gegenstände sind uns nicht unbekannt, doch das von ihr neu geschaffene Beziehungsgefüge macht das eigentlich Unauffällige sichtbar.
Mit den verschiedensten visuellen Möglichkeiten bewegt sie sich stetig um das, was entweder nicht mehr ist oder dadurch wieder ist. Es ist ein Verdacht, der wie ein Geist durch ihre Bilder schleicht. Es ist der Verdacht der Abwesenheit, der unseren Blick auf das lenkt, was in seiner Ästhetik durchdringend leer und gescheitert wirkt: Das Verhältnis des Menschen zur Natur bildet ein wiederkehrendes Motiv in Uta Neumanns Fotografien. In welcher Form sie uns die Schönheit der Beiläufigkeit, des Momentes vergegenwärtigt, ist leicht zu erkennen. Es ist die Formensprache der Ruhe und Klarheit, aber auch die Sprache von den Beziehungen zu den Dingen. Ihr Blick für Nebenschauplätze, die für den Augenblick des Zwiegesprächs in unser Leben treten, ist in seiner Nüchternheit bestechend.
Dieses Verhältnis kristallisiert sich durch ihren Blick, der sich von rechts nach links, vorbei am eigentlichen Mittelpunkt bewegt. Sie nimmt uns als Betrachter mit an Orte, die sie für sich entdeckt hat und die wir jetzt gemeinsam mit ihr ansehen. Dennoch ist die Gemeinsamkeit eine Illusion. Denn die durch das Bild freigesetzten Assoziationen kann nur der Betrachter ergänzen. Uta Neumann zeigt uns offen ihren Blick auf Menschen und Landschaften, ihre distanzierten Entdeckungen, die sie teilt, aber alleine – für den Moment – gemacht hat.
Auf diese Weise lassen ihre Arbeiten die Spuren erkennen, die das Leben hinterlässt. Es ist nicht nur ihre Verbundenheit mit dem Besonderen im Alltag, sondern auch ihre konkrete Betrachtung des menschlichen Gegenübers. Ihre Portraits schaffen Nähe, die eine lebendige, zugleich geheimnisvolle Begegnung zu den Portraitierten ermöglicht. Ihre ins Visier genommenen Personen und Gegenstände erlangen durch ihre Wiedergabe ein geradezu psychisches Potential, welches die Frage nach einer Realität, ob geschaffen oder reell existierend, in den Mittelpunkt ihrer Bilder stellt.
Uta Neumann vereint in ihren Fotografien die Banalität und die Komplexität des menschlichen Alltags, nimmt Partei für die Dinge, Momente und schließlich für das Bildliche des Moments. Es ist der Zufall oder die Magie des beiläufigen Augenblicks, den sich die Künstlerin zu Eigen macht, um Abstand zur Strenge des Mediums zu erlangen.